Der Hochzeitsgast
Ein Mensch, den man zur Hochzeit lud,
sprach zu sich selbst: „Det Ding is jut!”
Als zweites überlegt er dann,
was er dabei verdienen kann.
Als Minuspunkt ist zu bedenken,
zur Hochzeit soll man etwas schenken.
Was er notiert, wird nicht verraten,
als Pluspunkt kommt zuerst der Braten.
Zwei Pfund für sich und seine Frau,
das macht zwei Taler fast genau.
Zu Hause isst er vorher knapp
drei Tage schon – das wirft was ab.
Sechs Tassen Kaffee trinkt er leicht,
ob das für seine Frau wohl reicht?
Schon wieder sind es leicht sechs Mark
und rauchen tut er auch sehr stark.
Dazu die Bowle und der Wein,
bringt das Geschenk leicht wieder ein.
Dann noch der Kuchen und die Torte,
das Butterbrot, mit einem Worte:
Beim Hochzeitsschmaus wird was verdient,
der Mensch sitzt fröhlich da und grient.
Doch weh, mit des Geschickes Mächten,
da ist kein ew‘ger Bund zu flechten,
denn das Unglück schreitet schnell,
schon ist auch seine Frau zur Stell‘
und trägt dabei ihr bestes Kleid –
dran naget schon der Zahn der Zeit.
Sie zeigt betrübt aufs Kleid und spricht:
„Damit geh ich zur Hochzeit nicht!
Du musst doch einseh’n, lieber Mann,
ein neues Festkleid muss heran,
denn selbst mit Blumen oder Bändern,
lässt sich an diesem Kleid nichts ändern.
Und schau mich an, sieh die Frisur,
von Wellen sieht man keine Spur.
Kurzum ich brauch auf alle Fälle
zum Fest ne neue Dauerwelle.
Und du brauchst einen neuen Schlips!”
Der Mensch, selbst wenn er nicht viel Grips,
erkennt, das alles wird was kosten,
notiert es brav als Minusposten
und zieht das Fazit dann daraus,
nun sieht die Rechnung wieder anders aus!
Jetzt steht er da, der arme Tor,
entschlossen nimmt der Mensch sich vor:
„Ich halt mich bei der Hochzeit ran,
will seh’n, was ich noch retten kann.“
Man kann den Standpunkt wohl versteh’n
und solltet ihr heut ‘nen Menschen seh’n,
der mehr als andere trinkt und isst,
dann wisst ihr sicher, wer das ist.